Betreff
Beratung und Beschlussfassung über die Bereitstellung von Mitteln ( 30.000,- Euro ) im Haushalt für die Realisierung eines Medizinischen Versorgungszentrums / Ärztehauses in Laubach
Vorlage
657/2010
Art
Beschlussvorlage

Begründung:

 

Mittlerweile hat ein erstes Gespräch mit den Fraktionsvorsitzenden stattgefunden. Weiter wurden Informationen über diese Problematik an den Magistrat weitergegeben. Ebenso erläuterte Herr Günther Stephan diese Problematik in der Magistratssitzung vom 01.11.2010.

 

Es sollte ein Versuch sein, in einer gemeinsamen Anstrengung aller politischen Kräfte in Laubach die sich fortlaufende verschlechternde (fach-)ärztliche Versorgung mit einem Projekt „Medizinisches Versorgungszentrum / Ärztehaus“ von Stadt, Ärzten, Apotheken, privaten Partner, Banken und regionalen Krankenhäusern als Partner zu stoppen und perspektivisch sogar wieder zu verbessern.    

 

Problemstellung:

Die Versorgung mit Fachärzten in Laubach hat sich in den letzten 20 Jahren schleichend, aber dramatisch verschlechtert.

 

In 1990 gab es in Laubach:

1.        1 Krankenhaus mit 40 Betten

(allgemeine Grund-/ Erst-/ und Notversorgung, Unfall-/ Gelenkchirurgie)

2.        1 Gynäkologie inkl. einer Entbindungsstation

3.        1 Facharztpraxis Chirurgie (integriert im Kellerbereich des Krankenhauses)

4.        1 Facharzt Schmerztherapie

5.        1 Facharzt Gynäkologie

6.        1 Facharzt Kinderarzt

7.        1 Facharzt Hals/ Nasen / Ohren

 

2010 gibt es in Laubach noch:

1.        1 Facharztschmerztherapeut (2 Sprechstunden pro Woche im Laubacher Stift)

2.        1 Facharzt Gynäkologie

 

Derzeitige Entwicklung:

Der Facharzt Gynäkologie steht in ca. 2 Jahren vor dem Ruhestand. Es besteht die Gefahr, dass der Kassenarztsitz von Laubach abgezogen / verkauft wird (z. B. nach Lich oder Gießen).

Eine große Hausarztpraxis (Dr. Sturm) ist zum 01.04.2011 zum Verkauf bzw. zur Nachfolge ausgeschrieben. Es ist fraglich, ob sich ein Nachfolger findet und der Sitz in Laubach gehalten werden kann (Kassenarztsitze mit hohen Patientenzahlen und entsprechend hohem Budget sind gefragt, z. B. in Gießen).

 

Ausblick 2012:

Es gibt in Laubach keinen Facharzt mit Kassenzulassung mehr. Die Zahl der Hausärzte reduzieren sich weiter; die Wartezeiten werden länger; die Qualität sogar dieser hausärztlichen Grundversorgung wird immer schlechter. Es ziehen noch mehr Menschen aus Laubach weg oder gar nicht erst hierher, weil der Standortfaktor „ärztliche Versorgung“, gerade für junge und alte Menschen, nicht mehr gegeben ist.

 

Wenn wir nicht jetzt, wo noch gewisse Strukturen vorhanden sind, auf denen aufgebaut werden kann, etwas tun, ist der Zug bald endgültig abgefahren!

 

Bundes-/ landespolitische Rahmenbedingungen:

 

·        Finanzielle und organisatorische Rahmenbedingungen für niedergelassene Ärzte werden immer schlechter. Es wird immer unattraktiver im ländlichen Raum eigene, unabhängige Einzelpraxen zu betreiben.

 

·        Aber: Aufgrund des hohen Arbeitsdruckes werden attraktive Rahmenbedingungen (motivierte Kommune, günstiges Bauland, Kinderbetreuung, Schulversorgung, schöne Natur, gute Arbeitsbedingungen, gute Kooperationen mit Kollegen) für Ärzte immer wichtiger. Damit lassen sich diese auch aufs Land locken, wie sich anderswo gezeigt hat - aber: der Rahmen muss stimmen!

 

·        Die Gesetzesänderungen der letzten Jahre haben die Möglichkeit eröffnet, stärker in Kooperationen zu arbeiten (Praxisgemeinschaften; Ärztehäuser; Medizinische Versorgungszentren mit angestellten Ärzten; Kooperation mit Krankenhäusern; die eigene Ärzte abstellen für Sprechstunden etc.)

 

·        Unter den Krankenhäusern herrscht größter Konkurrenzdruck. Man versucht, mit dem Aufbau von Ärztehäusern / Med. Versorgungszentren Patientenströme aus dem ländlichen Bereich in die eigene Klinik zu ziehen.

 

Frage: Können wir diese Rahmenbedingungen zu unseren Gunsten nutzen?

 

Bisherige Aktivitäten:

Aus dem Round-Table-Gespräch zum Thema „Ärztliche Versorgung auf dem Land“ im November letzten Jahres im Rathaus gab es mehrere Gesprächsrunden u. a. mit Laubacher Ärzten, Apothekern, Regionalmanagementverein „Giessener Land“, Asklepios-Klinik Lich, Prof. Dr. George (FH Gießen) und interessierte Fachärzte etc.

 

Es gibt ein hohes Interesse und Bereitschaft vieler kompetenter Beteiligter, konkret ein Projekt Med. Versorgungszentrum / Ärztehaus in Laubach anzugehen!

 

Erfolgsvoraussetzungen:

·      Die Initiative muss von der Stadt Laubach ausgehen (nur wir, alle politischen Gremien, der Bürger, haben das echte Interesse im Sinne unserer Bevölkerung.) Alle anderen verfolgen mehr oder weniger primär eigenwirtschaftliche Interessen. Die Stadt muss bündeln und das Ziel verfolgen, das Projekt zu realisieren und zwar hier in Laubach und nicht in Lich oder Gießen.

 

·      Vereinbarung in der Laubacher Politik auf überparteiliche Initiative. Keine Gruppierung sowie der Bürgermeister verkauft es für sich, sondern wir alle verkaufen es gemeinsam inkl. des Magistrates.

 

·      Bereitschaft zur Mitfinanzierung. Das wäre zum einem die o. g. Anschubfinanzierung in Höhe von 30.000,- Euro. Weiter könnte es so aussehen, dass die Stadt hier noch ein Grundstück aus ihrem Eigentum zur Verfügung stellt. Ein Beispiel hierfür wäre die Grundschule in Freienseen.

 

·      Die professionelle Unterstützung bei der weiteren Projektierung in Bausteinen bzw. Schritten. In vielen Gesprächen mit Laubacher Ärzten bzw. anderen Beteiligten bezüglich der weiteren Vorgehensweise wurde bis zu einem gewissen Punkt festgestellt, dass dies nicht ohne professionelle Hilfe geht, dieses Thema zu stemmen bzw. alle Partner entsprechend zu bündeln. Hierzu liegt uns ein erstes Angebot vor, welches wie oben schon beschrieben, 30.000,- Euro kostet. Alle weitergehende Mittel darüber hinaus würden sich über Investoren finanzieren.

 

Die 30.000,-- € setzen sich wie folgt zusammen:

Hier wurde vom Unterzeichner einmal ein Angebot von einer Firma angefordert, die sich genau mit dem Thema „Gründung von Ärztehäusern / Medizinischen Versorgungszentren“ beschäftigt. Diese Firma hat bereits mehrere solcher Projekte komplett abgeschlossen.

Die Beauftragung dieser Firma ist nicht bindend bzw. abschließend, sondern nur, um erste Informationen über die Kosten für die Realisierung eines solchen Projektes zu erhalten.

In den 30.000,-- € sind enthalten:

1.         Die Sicherstellung einer Projektfinanzierung über Investoren ( z.B. Apotheke, Kommune, Krankenhaus )

2.         Die Sicherstellung der Immobilienfinanzierung mit Hilfe von regionalen Investoren

( wie z.B. der Sparkasse, der Volksbank oder regionalen Unternehmen mit starken Interesse an der regionale Infrastruktur )

3.         Die Gründung eines medizinischen Versorgungszentrum mit einem regionalen Krankenhausanbieter ( wie z. B. Krankenhäuser aus Lich oder Gießen oder einem regionalem privaten Träger ) für die Weiterentwicklung der fachärztlichen Versorgung

4.         Die Gründung eines zweiten medizinischen Versorgungszentrums mit ansässigen Hausärzten und einem Apotheker zur Sicherstellung der hausärztlichen Versorgung.

5.         Die Gründung einer Praxisgemeinschaft mit selbstständigen Hausärzten der Region, welche Ihre Selbstständigkeit behalten und als Unternehmer in die Konzeption einsteigen möchten.

6.         Die Prüfung einer möglichen Integration der Stadt Laubach in die MVZ Gesellschaften als Gesellschafter.

7.         Erwerb von Facharztsitzen für das medizinische Versorgungszentrum des Krankenhausträgers.

8.         Erwerb von Hausarztsitzen für das medizinische Versorgungszentrum mit Apotheker und Hausärzten, wobei diese Konstellation aus unserer Sicht nur eine Option ist.

9.         Die Zentralisierung der medizinischen Versorgung sämtlicher Fachbereiche über die Schnittstelle EDV Diagnostik, Personal und Raum.

 

Diese Firma bietet in der ersten Phase zunächst die Sicherstellung der Projektfinanzierung und die Durchführung der Konzeptionsphase zur Umsetzung des Ärztehauses zu einem Pauschalpreis von 30.000,-- € an. Folgende Leistungen sind dabei noch wesentlich berücksichtigt.

 

1.                  Die Regionalanalyse der medizinischen Versorgung

2.                  Ca. 30-50 Interviews mit Vertretern der Stadt Laubach, Banken, Ärzten und weiteren Investoren, wie z.B. Kliniken und Apothekern

3.                  Die Konzeption unter der oben genannten Berücksichtigung gesellschaftsrechtlicher, wirtschaftlicher, organisatorischer und strategischer Kriterien 

4.                  Die Projektplanung in der Umsetzungsphase.

 

Eine erste Phase wird bereits zwei bis drei Monate in Anspruch nehmen bevor es zu einer möglichen Umsetzung kommen kann. Für die gesamte Entwicklung ist mit einem Zeitaufwand von zwei Jahren zu rechnen.

 

·      Deshalb kurzfristige Bereitstellung der Mittel hierfür.

 

Vorbilder:

Es gibt inzwischen bundesweit zahlreiche vergleichbare Projekte, wo in den letzten zwei Jahren erfolgreich solche kommunalen Ärztehäuser auf dem flachen Land eröffnet wurden und sich die Tendenz der langjährigen Verschlechterung umgekehrt hat (z. B.: Eröffnung zum 01.10.2010 in Hermannsburg im LK Celle; Eröffnung 2009 in Schladen/ Niedersachsen, weitere Modelle gibt es in Thüringen und Bayern etc., diese sind nicht abschließend genannt).

 

Nächste Schritte:

Winter 2010:                Bereitstellung von 30.000,- Euro im Haushalt 2011 oder ggf. im

                                      Nachtrag 2010. Erstellung einer professionellen Projektplanung für

                                      ein Ärztehaus / MVZ

 

Winter 2010/11:          Im Rahmen dessen, Suche nach tatsächlichen,

                                      verbindlichen Partnern im Bereich Krankenhaus, heimische Ärzte,

                                      potentieller Fachärzte, Investoren, Banken, Apotheken etc.!

                                      Weiterhin Suche nach geeigneten Grundstücken

 

Frühjahr/                       Im Erfolgsfall; vertragliche Verhandlungen, Vereinbarungen und

Herbst 2011:               Beschlüsse

 

2012:                            Baubeginn / Eröffnung

 

Es muss im Interesse aller politischer Beteiligten sein, ein solches Projekt in Laubach zu verwirklichen, um hier auch gerade dem Demographischen Wandel und der älter werdenden Bevölkerung entgegen zu wirken. Lesen Sie täglich einmal die Hiobsbotschaften wie unser Gesundheitsminister diesem entgegnet und was die Planungen für die Zukunft sind.

 

Bezogen auf die immer wiederkehrende Berichterstattung in der Presse um den Ausgleich bzw. die Besserstellung von Ärzten über Ihre Entlohnung ist eine sehr schwierige Debatte bzw. Situation. Herr Günther Stephan hat in der Vorstellung in der Magistratssitzung erläutert, dass genau diese 150 Mio. Euro, die für Ärzte zur Verfügung gestellt werden, genauso wie unsere Gewerbesteuer, nicht bei den Ärzten hier vor Ort ankommt. Gerade hier ist es für Ärzte genauso wichtig wie bei Kommunen auch interkommunal zusammenzuarbeiten bzw. auf die Ärzte bezogen, dass mehrere Ärzte zusammen in einer Praxisgemeinschaft arbeiten und hier Synergieeffekte auf Seiten der Kosten des Nichtausgleichens durch die Kassenärztliche Vereinigung zu kompensieren.

Dies liegt insbesondere im administrativen Bereich sowie im Miet- und Personalkostenbereich. Durch diese Zusammenlegung kann auf jeden Fall ein „Mehr“ für den Patienten erzielt werden. Dies drückt sich dann in der Leistung des Arztes gegenüber des Patienten aus.

 

Wir könnten so also in Laubach dem Trend entgegenwirken, dass einzelne Ärzte bzw. wie Presseberichte lauten, schon jetzt sagen, sie nehmen überhaupt keine Patienten mehr auf. Dies wäre in einer Praxisgemeinschaft nicht der Fall.

 

Gerade auch in Zeiten knapper kommunaler Kassen ist es mehr denn je wichtig, dass wir genauso wie mit den 100.000,- Euro für eine Attraktivitätssteigerung der Innenstadt immer noch Gelder bereitstellen, die zwar zusätzlich sind, aber langfristig ihren Erfolg für Laubach zeigen. Ein solches Projekt sollte nicht zuletzt aufgrund politischer Bedenkenträger und Abwehrhaltung gegenüber dem neuen Bürgermeister zum Scheitern kommen.

 

Die vielen Gespräche die seit dem Bürger-Round-Table geführt wurden, zeigen, dass wenn wir jetzt etwas tun, wir gemeinsam eine Lösung für Laubach herbeiführen zu können.

 

Es wird gebeten wie beantragt zu beschließen.

 

Ein Vorschlag von Seiten des Unterzeichners ist es weiter, für diesen Antrag wie beschrieben zu beschließen und parallel hierzu eine Kommission nach der Hessischen Gemeindeordnung zu bilden. Besetzt mit der bisher  tagenden Arbeitsgruppe, Stadtverordneten, Apothekern, Ärzten und der Verwaltung.

 

 

 

Beschlussantrag:

 

Der Magistrat stellt über den Haupt- und Finanzausschuss sowie die Stadtverordnetenversammlung für die Realisierung eines Medizinischen Versorgungszentrums / Ärztehauses 30.000,- € in den städtischen Haushalt ein.