Begründung:
Der Bundesgesetzgeber hat mit Wirkung vom
01.07.2017 das Prostituiertenschutzgesetz in Kraft gesetzt.
Durch das Gesetz werden erstmals umfassende Regelungen für das
Prostitutionsgewerbe getroffen. Kernelemente sind die Einführung einer
Erlaubnispflicht für alle Prostitutionsgewerbe und einer Anmeldebescheinigung
für Prostituierte.
Den Bürgermeistern als örtliche Ordnungsbehörde
wurde durch eine Zuständigkeitsverordnung mit Wirkung vom 13.02.2018 die
Zuständigkeit sämtlicher Aufgaben nach dem Prostituiertenschutzgesetz, der
Landrätin als Kreisordnungsbehörde für Städte und Gemeinden unter 7.500
Einwohner, zugewiesen (§ 1 Abs. 1 Verordnung zur Bestimmung von Zuständigkeiten
für den Vollzug des Prostituiertenschutzgesetz –ProstSchGZustV-)
Mit gleicher Zuständigkeitsverordnung wurde die
Möglichkeit eröffnet, interkommunale Zusammenarbeiten zu ermöglichen (§ 1 Abs. 2 ProstSchGZustV).
In der Bürgermeisterdienstversammlung am 22.02.2018
wurde von den Bürgermeistern des Landkreises der Wunsch vorgetragen, dass der
Landkreis diese Aufgabe im Rahmen einer interkommunalen Zusammenarbeit
übernehmen möge.
In der Folge wurde eine Konzeption beim Landkreis
erarbeitet, mit den Bürgermeistern am 26.04.2018 abgestimmt und mit Stand
07.06.2018 von allen Bürgermeistern Zustimmung signalisiert.
Aufgabenstellung
Die Konzeption sieht folgende Eckpunkte vor:
Der Landkreises Gießen übernimmt die Aufgaben des
Vollzugs des Abschnittes 2 bis 5 und 7 des ProstSchG für alle Kommunen über
7.500 Einwohner. Diese sind im Wesentlichen:
- Beratung von Prostituierten und Durchführen
eines Anmeldeverfahrens
- Genehmigungsverfahren der Prostitutionsgewerbe
in Form von
2.1 Prostitutionsstätten
2.2 Prostitutionsfahrzeuge
2.3 Prostitutionsveranstaltungen
2.4 Prostitutionsvermittlung
Darüber hinaus übernimmt der Landkreis auch die
Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten nach dem ProstSchG.
Die Aufgabenwahrnehmung erfolgt organisatorisch im
Fachdienst Aufsichts- und Ordnungswesen, Landrätin als Kreisordnungsbehörde.
Damit wird die Sachbearbeitung in Anlehnung an die ureigene Zuständigkeit (für
Kommunen unter 7.500 Einwohner) sachlogisch angeknüpft.
Personalbemessung:
Die Personalbemessung erfolgt auf Grundlage der erwähnten Konzeption.
Eine methodische Stellenbemessung scheidet zunächst aus, weil es keine
belastbaren Fallzahlen gibt. Auch die Frage, welcher Anteil der Prostituierten
der gesetzlichen Anmeldepflicht nachkommen werden, ist unklar.
Fallzahlen, die auf Personalbemessung Einfluss haben werden, sind
- Anzahl der Prostituierten ~ 200
- Anzahl
der Prostitutionsstätten 9
Bordelle/21 TTW
- Anzahl Prostitutionsfahrzeuge (Erhebung
notwendig)
- Anzahl der Prostitutionsveranstaltungen (Erhebung notwendig)
- Anzahl Prostitutionsvermittlung (Erhebung
notwendig)
Insofern ist eine vereinfachte
Stellenbemessung angezeigt, mit der eine Evaluation nach zwei vollen
Kalenderjahren der Aufgabenerledigung einhergeht.
Im Rahmen der vereinfachten Personalbemessung kann von einem
Personalaufwand von einer Vollzeitstelle ausgegangen werden.
Eine Evaluation findet 2021 (nach zwei vollen Kalenderjahren - 2019 und
2020) statt. Dabei wird auf Erfahrungswerte in der Sachbearbeitung
(Arbeitszeit) einerseits und Erkenntnisse der Polizei, eigene Erkenntnisse,
Gesundheitsamt und Ordnungsämter (Fallzahlen) zurückgegriffen.
Externer
Aufwand:
Das Informations- und Beratungsgespräch, das bei dem „Anmeldevorgang“ in
der Kreisordnungsbehörde zu erfolgen hat, findet seine Grundlage in § 7 Abs. 2
ProstSchutzG. Es hat den Charakter eine Sozialberatung. Der Erfolg ist
einerseits davon abhängig, dass entsprechend geschultes Personal eingesetzt,
das die Szene und deren Herausforderung kennt. Die Beratung der
Kreisordnungsbehörde ist grundsätzlich auch denkbar. Die Inhalte eines
Beratungsgespräches liegen strukturiert vor und könnten mit gewisser
Qualifikation durch einen Sachbearbeiter der Kreisordnungsbehörde selbst
durchgeführt werden. Von der Durchführung wird allerdings abgeraten, weil ein
Interrollenkonflikt vorliegt. Einerseits soll eine offene und empathische Beratung
stattfinden, während auf der anderen Seite ordnungsrechtliche Kontrollen und
weitere Maßnahmen durchgeführt werden. Dies steht im Widerspruch. Insoweit
kommt der Landkreis zum Ergebnis, die Beratungsgespräche extern durchführen zu
lassen. In Mittelhessen hat sich der Verein „Frauenrecht ist Menschenrecht“ (FIM)
etabliert. Er betreibt unter anderem Streetwork und ist mit der Szene vertraut.
Eine Vernetzung zwischen Beratung und Streetwork auf Basis von unmittelbaren
Erstinformationen, Szenekenntnissen und vor allem sprachlichen Kompetenzen
(hohe muttersprachliche Diversität) ist eine gewinnbringende Basis für die
Aufgabenerledigung. Die Städte Gießen und Marburg führen eine
entsprechende Kooperation bereits erfolgreich und gewinnbringend durch. Eine
intensivierende Vernetzung kann daher erreicht werden. FIM verfügt über eine Anerkennung durch das Hessische Sozialministerium
(HSM).
Beschlussantrag:
Der Magistrat der Stadt Laubach stellt über den Haupt-,
Bau- und Finanzausschuss den Antrag, die Stadtverordnetenversammlung möge wie
folgt beschließen:
Die Stadtverordnetenversammlung stimmt der
Aufgabenübertragung nach § 1 Abs. 1 der Verordnung zur Bestimmung von
Zuständigkeiten für den Vollzug des Prostituiertenschutzgesetzes (ProstSchGZustV)
an den Landkreis Gießen im Rahmen von interkommunaler Zusammenarbeit zu.
Zur Aufgabenübertragung ist mit dem Landkreis
Gießen eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung nach § 1 Abs. 2 ProstSchGZustV
nach Maßgabe des beigefügten Entwurfes abzuschließen.
Der Magistrat wird mit dem Abschluss dieser
öffentlich-rechtlichen Vereinbarung und mit der Beantragung von Fördermitteln
nach der Rahmenvereinbarung zur Förderung interkommunaler Zusammenarbeit beim
Hessischen Ministerium des Inneren und für Sport beauftragt.
Finanzielle Auswirkungen:
Ab 2019 erfolgt Die Finanzierung primär
durch Gebührenerhebung, im Übrigen
durch eine vollkostenfinanzierte
Spitzabrechnung gegenüber den Städten und Gemeinden, die sich an die
Personalbemessung anlehnt. Im Kalenderjahr 2018 erfolgt diese anteilig bezogen
auf die Leistungsmonate.
- Sockelbetrag (etwa 14 % der Gesamtkosten) nach
Einwohnerzahl für alle
- Anzahl der Prostituierten (etwa 8 % der
Gesamtkosten) nach Einwohnerzahl
für alle
- Anzahl der Prostitutionsgewerbe je Gemeinde
(etwa 78 % der Gesamtkosten)
Gebührenerhebung
aus Kundensicht
Der Landkreis Gießen erbringt Dienstleistungen gegenüber den
Kundengruppen „Prostituierte“ und „Betreiber von Prostitutionsstätten“.
Es erfolgt eine Erhebung von Gebühren auf Grundlage der jeweiligen
Kostenordnung des zuständigen Ministeriums. Derzeit findet noch eine Klärung
entsprechender Gebührentatbestände im Bereich des zuständigen
Wirtschaftsministeriums statt, so der Stand mit E-Mail vom 15.02.2018.
Geplant ist jedoch folgende
Gebührenerhebung:
Prostituierte:
·
Amtshandlung
Kreisordnungsbehörde 10,00 € 60,00
€
·
Externe Kosten FIM 50,00 €
Betreiber von Prostitutionsstätten, Veranstaltungen, Fahrzeugen etc.:
·
Amtshandlung
Kreisordnungsbehörde nach
Aufwand €
(denkbar ~ 300 – 5.000 €/P.stätte)
Für die Abrechnung mit dem Landkreis Gießen wurden
bei dem Produkt 02.122.01 (Ordnungsangelegenheiten), Sachkonto 61390000
(sonstige weitere Fremdleistungen) entsprechende Haushaltsmittel berücksichtigt
und für die Haushaltsplanung 2019 angemeldet.
Es wird gebeten, wie vorgeschlagen zu beschließen.
Anlagen:
Entwurf der öffentlich-rechtlichen Vereinbarung über
die Übertragung von Aufgaben nach dem Prostituiertenschutzgesetz (ProstSchG) –
Stand 25.10.2018