Betreff
Interkommunale Zusammenarbeit Prostituiertenschutzgesetz (ProstSchG)
Vorlage
419/2018
Aktenzeichen
108.63
Art
Beschlussvorlage

Begründung:

 

 

Der Bundesgesetzgeber hat mit Wirkung vom 01.07.2017 das Prostituiertenschutzgesetz in Kraft gesetzt.

Durch das Gesetz werden erstmals umfassende Regelungen für das Prostitutionsgewerbe getroffen. Kernelemente sind die Einführung einer Erlaubnispflicht für alle Prostitutionsgewerbe und einer Anmeldebescheinigung für Prostituierte. 

 

Den Bürgermeistern als örtliche Ordnungsbehörde wurde durch eine Zuständigkeitsverordnung mit Wirkung vom 13.02.2018 die Zuständigkeit sämtlicher Aufgaben nach dem Prostituiertenschutzgesetz, der Landrätin als Kreisordnungsbehörde für Städte und Gemeinden unter 7.500 Einwohner, zugewiesen (§ 1 Abs. 1 Verordnung zur Bestimmung von Zuständigkeiten für den Vollzug des Prostituiertenschutzgesetz –ProstSchGZustV-)

Mit gleicher Zuständigkeitsverordnung wurde die Möglichkeit eröffnet, interkommunale Zusammenarbeiten  zu ermöglichen (§ 1 Abs. 2 ProstSchGZustV).

In der Bürgermeisterdienstversammlung am 22.02.2018 wurde von den Bürgermeistern des Landkreises der Wunsch vorgetragen, dass der Landkreis diese Aufgabe im Rahmen einer interkommunalen Zusammenarbeit übernehmen möge.

In der Folge wurde eine Konzeption beim Landkreis erarbeitet, mit den Bürgermeistern am 26.04.2018 abgestimmt und mit Stand 07.06.2018 von allen Bürgermeistern Zustimmung signalisiert.

Aufgabenstellung

Die Konzeption sieht folgende Eckpunkte vor:

Der Landkreises Gießen übernimmt die Aufgaben des Vollzugs des Abschnittes 2 bis 5 und 7 des ProstSchG für alle Kommunen über 7.500 Einwohner. Diese sind im Wesentlichen:

  1. Beratung von Prostituierten und Durchführen eines Anmeldeverfahrens

 

  1. Genehmigungsverfahren der Prostitutionsgewerbe in Form von

 

2.1  Prostitutionsstätten

2.2  Prostitutionsfahrzeuge

2.3  Prostitutionsveranstaltungen

2.4  Prostitutionsvermittlung

 

Darüber hinaus übernimmt der Landkreis auch die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten nach dem ProstSchG.

Die Aufgabenwahrnehmung erfolgt organisatorisch im Fachdienst Aufsichts- und Ordnungswesen, Landrätin als Kreisordnungsbehörde. Damit wird die Sachbearbeitung in Anlehnung an die ureigene Zuständigkeit (für Kommunen unter 7.500 Einwohner) sachlogisch angeknüpft.

 

Personalbemessung:

 

Die Personalbemessung erfolgt auf Grundlage der erwähnten Konzeption. Eine methodische Stellenbemessung scheidet zunächst aus, weil es keine belastbaren Fallzahlen gibt. Auch die Frage, welcher Anteil der Prostituierten der gesetzlichen Anmeldepflicht nachkommen werden, ist unklar.

 

Fallzahlen, die auf Personalbemessung Einfluss haben werden, sind

 

  • Anzahl der Prostituierten                                       ~ 200
  • Anzahl der Prostitutionsstätten                             9 Bordelle/21 TTW
  • Anzahl Prostitutionsfahrzeuge                             (Erhebung notwendig)
  • Anzahl der Prostitutionsveranstaltungen                      (Erhebung notwendig)
  • Anzahl Prostitutionsvermittlung                            (Erhebung notwendig)

 

Insofern ist eine vereinfachte Stellenbemessung angezeigt, mit der eine Evaluation nach zwei vollen Kalenderjahren der Aufgabenerledigung einhergeht.

 

Im Rahmen der vereinfachten Personalbemessung kann von einem Personalaufwand von einer Vollzeitstelle ausgegangen werden.

 

Eine Evaluation findet 2021 (nach zwei vollen Kalenderjahren - 2019 und 2020) statt. Dabei wird auf Erfahrungswerte in der Sachbearbeitung (Arbeitszeit) einerseits und Erkenntnisse der Polizei, eigene Erkenntnisse, Gesundheitsamt und Ordnungsämter (Fallzahlen) zurückgegriffen.

 

 

 

 

 

 

 

 

Externer Aufwand:

 

Das Informations- und Beratungsgespräch, das bei dem „Anmeldevorgang“ in der Kreisordnungsbehörde zu erfolgen hat, findet seine Grundlage in § 7 Abs. 2 ProstSchutzG. Es hat den Charakter eine Sozialberatung. Der Erfolg ist einerseits davon abhängig, dass entsprechend geschultes Personal eingesetzt, das die Szene und deren Herausforderung kennt. Die Beratung der Kreisordnungsbehörde ist grundsätzlich auch denkbar. Die Inhalte eines Beratungsgespräches liegen strukturiert vor und könnten mit gewisser Qualifikation durch einen Sachbearbeiter der Kreisordnungsbehörde selbst durchgeführt werden. Von der Durchführung wird allerdings abgeraten, weil ein Interrollenkonflikt vorliegt. Einerseits soll eine offene und empathische Beratung stattfinden, während auf der anderen Seite ordnungsrechtliche Kontrollen und weitere Maßnahmen durchgeführt werden. Dies steht im Widerspruch. Insoweit kommt der Landkreis zum Ergebnis, die Beratungsgespräche extern durchführen zu lassen. In Mittelhessen hat sich der Verein „Frauenrecht ist Menschenrecht“ (FIM) etabliert. Er betreibt unter anderem Streetwork und ist mit der Szene vertraut. Eine Vernetzung zwischen Beratung und Streetwork auf Basis von unmittelbaren Erstinformationen, Szenekenntnissen und vor allem sprachlichen Kompetenzen (hohe muttersprachliche Diversität) ist eine gewinnbringende Basis für die Aufgabenerledigung. Die Städte Gießen und Marburg führen eine entsprechende Kooperation bereits erfolgreich und gewinnbringend durch. Eine intensivierende Vernetzung kann daher erreicht werden. FIM verfügt über eine Anerkennung durch das Hessische Sozialministerium (HSM).

 

Beschlussantrag:

 

 

Der Magistrat der Stadt Laubach stellt über den Haupt-, Bau- und Finanzausschuss den Antrag, die Stadtverordnetenversammlung möge wie folgt beschließen:

Die Stadtverordnetenversammlung stimmt der Aufgabenübertragung nach § 1 Abs. 1 der Verordnung zur Bestimmung von Zuständigkeiten für den Vollzug des Prostituiertenschutzgesetzes (ProstSchGZustV) an den Landkreis Gießen im Rahmen von interkommunaler Zusammenarbeit zu.

Zur Aufgabenübertragung ist mit dem Landkreis Gießen eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung nach § 1 Abs. 2 ProstSchGZustV nach Maßgabe des beigefügten Entwurfes abzuschließen.

Der Magistrat wird mit dem Abschluss dieser öffentlich-rechtlichen Vereinbarung und mit der Beantragung von Fördermitteln nach der Rahmenvereinbarung zur Förderung interkommunaler Zusammenarbeit beim Hessischen Ministerium des Inneren und für Sport beauftragt.

 

Finanzielle Auswirkungen:

 

 

Ab 2019 erfolgt Die Finanzierung primär durch Gebührenerhebung, im Übrigen durch eine vollkostenfinanzierte Spitzabrechnung gegenüber den Städten und Gemeinden, die sich an die Personalbemessung anlehnt. Im Kalenderjahr 2018 erfolgt diese anteilig bezogen auf die Leistungsmonate.

 

  • Sockelbetrag (etwa 14 % der Gesamtkosten) nach Einwohnerzahl  für alle
  • Anzahl der Prostituierten (etwa 8 % der Gesamtkosten) nach Einwohnerzahl  für alle
  • Anzahl der Prostitutionsgewerbe je Gemeinde (etwa 78 % der Gesamtkosten)

 

 

Gebührenerhebung aus Kundensicht

 

Der Landkreis Gießen erbringt Dienstleistungen gegenüber den Kundengruppen „Prostituierte“ und „Betreiber von Prostitutionsstätten“.

 

Es erfolgt eine Erhebung von Gebühren auf Grundlage der jeweiligen Kostenordnung des zuständigen Ministeriums. Derzeit findet noch eine Klärung entsprechender Gebührentatbestände im Bereich des zuständigen Wirtschaftsministeriums statt, so der Stand mit E-Mail vom 15.02.2018.

 

Geplant ist jedoch folgende Gebührenerhebung:

 

Prostituierte:

 


·       Amtshandlung Kreisordnungsbehörde               10,00 €           60,00 €

·       Externe Kosten FIM                                                 50,00 €

 

Betreiber von Prostitutionsstätten, Veranstaltungen, Fahrzeugen etc.:

 

·       Amtshandlung Kreisordnungsbehörde               nach Aufwand €

(denkbar ~ 300 – 5.000 €/P.stätte)

 

 

Für die Abrechnung mit dem Landkreis Gießen wurden bei dem Produkt 02.122.01 (Ordnungsangelegenheiten), Sachkonto 61390000 (sonstige weitere Fremdleistungen) entsprechende Haushaltsmittel berücksichtigt und für die Haushaltsplanung 2019 angemeldet.

 

Es wird gebeten, wie vorgeschlagen zu beschließen.

Anlagen:

 

Entwurf der öffentlich-rechtlichen Vereinbarung über die Übertragung von Aufgaben nach dem Prostituiertenschutzgesetz (ProstSchG) – Stand 25.10.2018