Betreff
Haus der Begegnung im Stadtteil Freienseen
hier: Beitritt zur dorfschmiede gGmbH
Vorlage
184/2012
Aktenzeichen
623.12
Art
Beschlussvorlage

Begründung:

 

Die Bundesrepublik Deutschland befindet sich in einem fundamentalen demographischen Wandlungsprozess, der das Leben ihrer Bürgerinnen und Bürger individuell spürbar und unser Gemeinwesen bis zu den kleinsten staatlichen Ebenen in grundlegender Weise verändern wird. Ein steigender Pflegebedarf ist da nur eine Facette dieser Entwicklung.

Ausgehend von den bekannten Daten der Altersstruktur und der Bevölkerungsentwicklung vergangener Jahre, lassen sich Prognosen für die Entwicklung der Stadt Laubach in den kommenden Jahrzehnten berechnen. Eine von der Bertelsmann Stiftung errechnete Prognose geht für die Gesamtkommune von einer Bevölkerungsabnahme um 8,2 Prozent im Zeitraum von 2009 bis 2030 aus. Dieser Wert liegt deutlich über dem des Landkreises Gießen mit einer Abnahme von 2,5 Prozent und dem des Landes Hessen mit lediglich 0,5 Prozent. Deutlich wird der Demographische Wandel in der Kommune Laubach nicht nur an Hand der Einwohnerzahlen. So zeichnet auch die zukünftige Altersverteilung ein sehr deutliches Bild. Hier errechnet die Bertelsmann Stiftung, dass der Anteil der Bevölkerung unter 18 Jahre bis zum Jahr 2030 um 2,5 Prozent von 16,9 Prozent auf 14,4 Prozent zurückgeht. Im gleichen Zeitraum wird prognostiziert, dass der Anteil der Senioren im Alter von 65 bis 79 Jahre um 7,2 Prozent von 16,3 auf 23,5 und der Anteil der sogenannten hochbetagten Personen über 80 Jahre um 3,7 Prozent von 6,1 auf 9,8 Prozentpunkte signifikant und nachhaltig ansteigen wird (vgl. www.wegweiserdemographie.de).

Eine weitere Prognose wurde im Rahmen des Regionalplans Mittelhessen erstellt. Der Regionalplan Mittelhessen 2010 geht bei seiner Prognose von einem Bevölkerungsrückgang um rund 3,5 Prozent, ausgehend vom Basisjahr 2002, bis zum Jahr 2020 aus (vgl. Regierungspräsidium Gießen, 2010).

Um diesem Problem zu begegnen wurde das Projekt „dorfKERN – Das Freienseener Haus der Begegnung“ ins Leben gerufen. Hierbei handelt es sich um eine Initiative des Vogelsberger Seniorennetzwerks i.G. und ist eine Vision, die auf allen Ebenen aus den Folgen des Demographischen Wandels lernen will: Es will älteren Menschen die Möglichkeit zur heimatnahen Tagespflege und -betreuung schaffen. Es will den Angehörigen von Pflegebedürftigen die Möglichkeit bieten, sich im Rahmen ihres Pflegeurlaubs zu erholen. Es soll die dörfliche Nahversorgung reaktivieren und als neuer Ortsmittelpunkt ein Forum für den Dialog des ganzen Ortes bieten. Es soll Jung und Alt zusammenführen und die medizinische Versorgung optimieren. Es soll zwei Leerstände in historisch wertvollen Gebäuden beseitigen. Und durch die Zusammenarbeit mit dem Waldkindergarten und der Schule, die beide vom Gemeinschaftssinn der Freienseener getragen werden, soll  hier ein Mehrgenerationen-Projekt im besten Sinne entstehen, das einen neuen Impuls zur Dorfentwicklung setzt.

Hierzu wurden bereits eine Machbarkeitsstudie und eine architektonische Voruntersuchung in Auftrag gegeben. Unter anderem sollen in dem Gebäudekomplex an der Alsfelder Straße eine Tagespflegeeinrichtung, ein Dorfladen, betreute Wohneinheiten, eine kulturelle Begegnungsstätte und eine Gruppe zur Betreuung Demenzerkrankter implementiert werden. Die Ergebnisse der beiden Untersuchungen sind positiv, so dass nun der organisatorische Rahmen aufgebaut werden soll.

Analog der Machbarkeitsstudie wird das Projekt durch eine nun zu gründende gemeinnützigen Gesellschaft mit beschränkter Haftung (gGmbH) getragen werden. Neben kirchlichen Institutionen soll auch die Stadt Laubach als Gebietskörperschaft Mitgesellschafterin der gGmbH werden. Eine finanzielle Verpflichtung über den Erwerb der Gesellschafteranteile hinaus (z.B. „Nachschusspflicht“ besteht nicht.

Durch die Beteiligung der Stadt Laubach an der gGmbH entstünden mehrere Vorteile:

 

1.)  Kommunale Interessen werden vertreten

Neben der Mitsprache in der Gesellschafterversammlung und dem Aufsichtsrat der gGmbH kann die Kommune überdies mit dafür sorgen, dass die im Zuge der Errichtung und des Betriebs des Großprojekts entstehenden Ausgaben zum großen Teil innerhalb der lokale Wertschöpfungskette verbleibt und somit örtlichen Unternehmen zugutekommt.

 

2.)   Leuchtturmprojekt mit Vorbildfunktion

Als Teil der Gesellschaft ist Laubach damit in einer Vorreiterrolle bei der Findung neuer Konzepte zur Belebung ländlicher Ortslagen und zum nachhaltigen Umgang mit den Folgen des Demographischen Wandels.

 

3.)  Fördermittelakquise

Durch die Beteiligung der Stadt Laubach ist die gGmbH in der Lage, verbesserte Konditionen bei der Einwerbung öffentlicher Fördermittel zu erreichen.

 

4.)  Unterstützung des bürgerschaftlichen Engagements in Freienseen

Eine öffentliche, ideelle Unterstützung des breiten Engagements der Freienseener zum Erhalt Ihrer dörflichen Strukturen und Lebensqualität.

 

Die Finanzierung des Gesamtvorhabens soll durch öffentliche und private Gelder dargestellt werden, deren Antragsteller sowohl die jetzt zu gründende gGmbH als auch der sich in Gründung befindende Förderverein „Vogelsberger Seniorennetzwerk / Nachbarschaftsfamilie“ sind.

 

Von den Verantwortlichen wurde uns mitgeteilt, dass die noch nicht der endgültige (Arbeitsgrundlage) Gesellschaftsvertrag ist, sondern nur ein Entwurf. Bis zur Stadtverordnetenversammlung soll dieser Vertrag fertig sein.

 

Beschlussantrag:

 

Der Magistrat beschließt:

Zur Unterstützung und kommunalpolitischen Begleitung des Dorfentwicklungsprojekts „dorfschmiede“ (Haus der Begegnung) im Stadtteil Freienseen wird folgender Beschluss gefasst:

Die Stadtverordnetenversammlung möge den Beitritt zur dorfschmiede gGmbH beschließen. Die für den Kauf der Gesellschafteranteile nötigen EUR 7.500,00 werden im Produkt 61.1.01/0290.830102 im Vorgriff auf den Nachtragshaushalt 2012 zur Verfügung gestellt.